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BUAG für Spenglerbetriebe

Im Interview: Alexander Eppler und Roman Moosbrugger

Alexander Eppler, Wien
Alexander Eppler, Wien
Roman Moosbrugger, Vorarlberg
Roman Moosbrugger, Vorarlberg

Erst kürzlich erhielten Spenglerbetriebe von der Bundesinnung Dachdecker, Glaser und Spengler bzw. von den einzelnen Landesinnungen eine Information zum Thema BUAG. Die Brisanz dieses Themas macht eine ausführliche Erläuterung erforderlich, weshalb wir vom Spengler Fachjournal exklusiv mit den beiden Bundesinnungsvertretern Roman Moosbrugger und Alexander Eppler gesprochen haben. 

 

Was sagen Sie zur Einbeziehung der Spenglerbetriebe in das BUAG und das BScheG?

In den vergangenen Monaten wurde das Thema „BUAG für Spenglerbetriebe“ nicht nur in der Kollegenschaft heftig diskutiert. Die Aufregung um die geplante Neuregelung ist verständlich und nachvollziehbar – aber sie ist (und war) leider unabwendbar. Denn am 4. Juli 2024 wurde eine Novelle des Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes (BUAG) und des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes (BScheG) im Nationalrat beschlossen. Die Änderungen sehen vor, dass Spenglerbetriebe ab 1. August 2024 ins BUAG und ab 1. November 2024 in BScheG einbezogen werden. 

 

Was bedeutet das für die Unternehmer:innen?

Die Neuregelung „BUAG für Spenglerbetriebe“ wird für die meisten Betriebe organisatorische und finanzielle Mehraufwendungen bedeuten, das war nicht zu verhindern, da der Gesetzgeber dies aufgrund eines letztinstanzlichen Urteils so beschlossen hatte. 

 

Wie ist es dazu gekommen?

Arbeitnehmer eines Unternehmens (Gewerbeberechtigungen Dachdecker und Spengler) führten Dacheindeckungen mit Dachplatten durch, die Arbeitnehmer waren als Spengler nicht in den Anwendungsbereich des BUAG einbezogen. Bei einer Baustellenkontrolle wurden die Arbeitnehmer von der Bauarbeiter Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) kontrolliert und es wurde festgestellt, dass Tätigkeiten ausgeführt werden, die nach Ansicht der BUAK in den Anwendungsbereich des BUAG fallen. Begründet wurde diese Feststellung damit, dass Dachdecker Dacheindeckungen mit Metallplatten durchführen dürfen und somit eine BUAG-pflichtige Tätigkeit vorliegt. In einem daraufhin durchgeführten Verfahren wurde diese Frage von den einzelnen Instanzen unterschiedlich beurteilt und im Jahr 2023 abschließend vom VwGH zugunsten der BUAK entschieden. Zusammengefasst heißt das: Aufgrund der Tatsache, dass Dachdecker berechtigt sind, Dacheindeckungen auch mit Metallplatten auszuführen (es gibt keine Materialbeschränkung für das Gewerbe Dachdecker), stellt eine Dacheindeckung mit Dachplatten eine Tätigkeit dar, die dem BUAG unterliegt. Führen nun in einem Unternehmen Arbeitnehmer Dacheindeckungen mit Dachplatten aus, führen sie eine BUAG-pflichtige Tätigkeit durch, auch wenn diese Tätigkeit im Rahmen eines reinen Spenglerbetriebs oder eines „gemischten“ Dachdecker-Spengler Betriebs durchgeführt wird.

 

Was war der Hintergrund dieser Entscheidung?

Wie zu erfahren war, hat das Gericht in seiner Begründung die Grundregeln des österreichischen Dachdeckerhandwerks der Entscheidung zu Grunde gelegt und nicht, wie man eigentlich erwarten musste, die Gewerbeordnung oder die Ausbildungsordnung. Ein entsprechendes Gutachten eines Sachverständigen wurde darüber hinaus auch nicht entsprechend gewertet. Aus unserer Sicht also eigentlich ein glattes Fehlurteil! Dennoch musste die Bundesinnung der Dachdecker, Glaser und Spengler nun handeln, um das Schlimmste abzuwenden. Denn: Tatsächlich hätte die BUAK – vereinfacht gesprochen – die gesetzlichen Möglichkeiten gehabt, rückwirkend für sieben Jahre die „nicht bezahlten“ BUAK-Beiträge von den betroffenen Unternehmen zu fordern! Eine grobe Berechnung hat pro Mitarbeiter und pro Jahr einen Betrag von fast 30.000 Euro ergeben! Jeder kann sich selbst ausrechnen, welche ruinösen Auswirkungen solche Nachforderungen für einzelne Betriebe und letztlich die Branche insgesamt gehabt hätten! Das haben die Sozialpartner – speziell auch die Arbeitnehmer-Seite – dann doch noch rechtzeitig erkannt und intensive, monatelange Gesprächsrunden haben begonnen, um Schadensbegrenzung zu betreiben.

 

Und dann ist es zur so genannten Branchenlösung gekommen?

Ja, das Ergebnis dieser strapaziösen Verhandlungsrunden ist nun die Branchenlösung, die das Schlimmste verhindert hat. Dabei wurden folgende Regelungen ausgearbeitet:

- Einbeziehung der Spenglerbetriebe, ausgenommen der Lüftungs- und Galanteriespenglerbetriebe, ins BUAG

- deutlich verkürzte rückwirkende Einbeziehung im Bereich Urlaub (ab 1. Jänner 2024) inkl. Gegenverrechnung von bereits ausbezahlten Urlaubsgeldern

- keine rückwirkende Einbeziehung in den Bereichen Abfertigung (erst ab 1. Jänner 2026) und Überbrückungsgeld (erst ab 1. Jänner 2025)

- Einbeziehung der Spenglerbetriebe, ausgenommen der Lüftungs- und Galanteriespenglerbetriebe, mit 1. November 2024 ins BScheG 

 

Der finanzielle Nutzen dieser ausgearbeiteten Branchenlösung im Vergleich zur ursprünglich geplanten Regelung: Die Branchenlösung ermöglicht dem Unternehmen, rund 75% der Kosten in Bezug auf die rückwirkende Einbeziehung im Vergleich zu einer Einzelfalllösung einzusparen.

 

Welche weiteren Informationen sind für Unternehmen Ihrer Meinung nach wichtig?

Zwei Schritte sind jetzt zu tun. Schritt 1: Melden Sie ab 1. August bis zum 31. Oktober 2024 Ihre Arbeitnehmer:innen im Bereich Spengler auf dem neu geschaffenen Anmeldeportal der BUAK an (www.buak.at). Achtung: Wenn Sie diese Frist versäumen, können Sie die Branchenlösung nicht mehr in Anspruch nehmen. Schritt 2: Zwischen 1. November 2024 und 15. Jänner 2025 melden Sie der BUAK über das Portal die Beträge, die im Bereich Urlaub an den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin ab 1. Jänner 2024 bezahlt worden sind. Diese werden für die Berechnung der rückwirkenden Einbeziehung gegengerechnet.

 

Was möchten Sie abschließend noch sagen?

Nicht nur als Interessenvertreter der Dachdecker, Glaser und Spengler auf Landes- und Bundesebene, sondern natürlich auch als Unternehmer, sind wir davon überzeugt, dass die Einbeziehung unserer Betriebe ins BUAG äußerst fehl am Platz ist und unserer Meinung nach eigentlich einem fehlerhaften Gerichtsurteil zugrunde liegt! Uns ist bewusst, dass keine Einbeziehung selbstverständlich die beste Lösung gewesen wäre. Jedoch sind wir der Ansicht, dass nur durch diesen wahren Kraftakt der Bundesinnung Dachdecker, Glaser und Spengler so weit in die Regelung eingegriffen werden konnte, dass größere negative Folgen dieser Gesetzesänderung abgefedert und somit eine gewisse Schadensbegrenzung für die Branche und ihre Betriebe erreicht werden konnten. Ohne funktionierende Interessenvertretungen wäre das nicht möglich gewesen.

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter den nachfolgenden Links bzw. in den zum Download zur Verfügung stehenden Dokumenten:

BUAK: www.buak.at

BUAG: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008275

Bundesinnung der Dachdecker, Glaser und Spengler: www.d-g-s.at

 

Download
Info-Brief zur BUAG.pdf
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Weiterführende Information Berufsgruppe
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WICHTIGER HINWEIS

Die vorstehenden Inhalte wurden nach bestem Wissen erstellt, erheben aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Verwendung der Inhalte schließt Fragen der Haftung und Rechtsverbindlichkeit gegenüber den Herausgebern aus.

Stand: Juli 2024

 

Bundesinnung der Dachdecker, Glaser und Spengler

Bundessparte Gewerbe und Handwerk

Schaumburgergasse 20/6 | 2. Stock | 1040 Wien

Telefon: +43 (1)505 69 60-221

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Internet: http://www.d-g-s.at