Der Kaufvertrag ist abgeschlossen. Sie sind bereit die Ware, in dem vereinbarten Zustand, am gehörigen Ort und zu der ausgemachten Zeit zu übergeben. Doch der Käufer oder die Käuferin erscheint nicht. Was nun?
Rechtsfolgen des Annahmeverzugs im Zivilrecht
Beim Gläubigerverzug des Käufers oder der Käuferin handelt es sich lediglich um eine Obliegenheitsverletzung. Den Gläubiger oder die Gläubigerin trifft also keine Rechtspflicht, die ordnungsgemäß angebotene Ware auch anzunehmen. Damit der Schuldner oder die Schuldnerin nicht wie bestellt und nicht abgeholt mit all seinen oder ihren Pflichten sowie der Ware dasteht, gibt es einige zivilrechtliche Maßnahmen zum Rechtsschutz des Schuldners oder der Schuldnerin. Im Fall des Annahmeverzugs trifft den Gläubiger oder die Gläubigerin von nun an die Preisgefahr, das bedeutet, dass der oder die Vorgenannte auch bei Nichterfüllung den Preis bezahlen muss. Der Schuldner oder die Schuldnerin haftet nun nur mehr für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Oftmals treffen den Verkäufer oder die Verkäuferin durch die verlängerte Erfüllungsbereitschaft zusätzliche Aufwendungen, wie Lagerungskosten oder Fütterungskosten bei Tieren. Diese kann der Schuldner oder die Schuldnerin nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag vom Gläubiger oder der Gläubigerin ersetzen lassen. Letztendlich kann der Schuldner oder die Schuldnerin die Ware auch gerichtlich hinterlegen lassen. Somit wäre dieser oder diese von seiner oder ihrer Schuld befreit.
Gesonderte Rechte der Verkäufer und Verkäuferinnen im Unternehmergesetzbuch
Das erweiterte Hinterlegungsrecht
Bei einem Annahmeverzug des Käufers oder der Käuferin ist es dem Verkäufer oder der Verkäuferin möglich die Ware auf Gefahr und Kosten des Gläubigers oder der Gläubigerin in einem öffentlichen Lagerhaus, oder sonst in sicherer Weise, zu hinterlegen, ohne ein gerichtliches Hinterlegungsverfahren zu führen. Dabei ist der Schuldner oder die Schuldnerin dazu verpflichtet mit der Sorgfalt eines ordentlichen Unternehmers oder einer ordentlichen Unternehmerin vorzugehen. Die Hinterlegung muss dem Käufer oder der Käuferin unmittelbar mitgeteilt werden. Zum Nachteil der Verkäufer und Verkäuferinnen erwirkt die Hinterlegung jedoch keine Schuldbefreiung.
Der Selbsthilfeverkauf
Um trotz Nichtabholung durch den Käufer oder die Käuferin nicht leer auszugehen, steht es dem Verkäufer oder der Verkäuferin zu, die nicht entgegengenommene Ware auf dessen oder deren Rechnung zu veräußern.
Es bestehen einige Voraussetzungen für einen solchen Selbsthilfeverkauf. Zu diesen zählen die vorhergehende Androhung des Verkaufs. Die Androhung muss rechtzeitig erfolgen, sodass der Käufer oder die Käuferin die Möglichkeit hat, die Ware trotzdem noch abzuholen. Von einer derartigen Androhung ausgenommen sind Waren die zu verderben drohen oder wenn sonstige Gefahr im Verzug ist. Außerdem kann die Androhung ausbleiben, wenn jene untunlich wäre.
In den meisten Fällen wird ein Selbsthilfeverkauf, mittels einer öffentlichen Versteigerung, abgewickelt. Der Schuldner oder die Schuldnerin muss hierbei den Gläubiger oder die Gläubigerin zeitgerecht über den Ort und den Zeitpunkt der Versteigerung informieren, sodass beide die Möglichkeit haben mitzubieten. Nicht zuletzt muss der Verkäufer oder die Verkäuferin den Käufer oder die Käuferin über den geschehenen Verkauf informieren.
Der Selbsthilfeverkauf darf frühestens zum Liefertermin erfolgen. Er wirkt als Erfüllungssurrogat, sodass der Verkäufer oder die Verkäuferin schlussendlich schuldbefreit ist.
Was tun, wenn der Erlös nicht dem Kaufpreis entspricht?
Der Schuldner oder die Schuldnerin ist verpflichtet einen allfälligen Mehrerlös an den Käufer oder die Käuferin herauszugeben. Umgekehrt muss der Käufer oder die Käuferin dem Verkäufer oder der Verkäuferin die Differenz zu dem vereinbarten Kaufpreis leisten, wenn der durch den Selbsthilfeverkauf erlangte Erlös niedriger als der Kaufpreis ist.
Rechtsfolgen eines nicht ordnungsgemäßen Selbsthilfeverkaufs
Wird der Selbsthilfeverkauf fehlerhaft durchgeführt, ist der Verkäufer oder die Verkäuferin nicht schuldbefreit. Der Käufer oder die Käuferin kann sodann weiterhin die Leistung der Ware fordern. Im Falle einer Stückschuld wird ein fehlerhafter Selbsthilfeverkauf zu der Unmöglichkeit der Leistung führen. Dem Verkäufer oder der Verkäuferin drohen möglicherweise Schadenersatzzahlungen.
Resümee
Bei dem Annahmeverzug des Käufers oder der Käuferin nimmt dieser oder diese die einwandfreie, angebotene Leistung nicht an. Das Unternehmergesetzbuch tangiert die zivilrechtlichen Rechtsfolgen nicht und bietet dem Verkäufer oder der Verkäuferin zusätzliche Möglichkeiten, zum Umgang mit einer solchen Situation, an. Das erweiterte Hinterlegungsrecht, welches zwar nicht schuldbefreiend wirkt, aber eine angenehme Möglichkeit darstellt, da hier das gerichtliche Hinterlegungsverfahren ausbleibt. Sowie den Selbsthilfeverkauf, welcher bei richtiger Abhandlung eine schuldbefreiende Wirkung für den Verkäufer oder die Verkäuferin hat.
Mag. Dorian Schmelz
Schmelz Rechtsanwälte
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